Dienstag, 11. September 2012

belesene Leser und dumme Kinder


Ich zeichne mich dadurch aus, dass ich lesen kann. Es gibt ja nicht mehr viele Exemplare, die heutzutage noch fließend lesen können. Ähnlich wie im Altertum und Mittelalter, wo das Lesen meist nur den Klerikern vorbehalten war. "Selbst Könige konnten manchmal trotz Ausbildung durch Hofmeister nicht lesen (und schreiben). Dafür gab es die Kleriker und das Berufsbild des Schreibers, der solche Aufgaben für Lese- und Schreibunkundige erledigte." http://de.wikipedia.org/wiki/Lesekompetenz  Heute scheint es wichtiger zu sein in einer Minute, so oft die Maus zu klicken wie es nur geht. Bei Wikipedia ist zu lesen: "Lesen im engeren Sinn bedeutet, schriftlich niedergelegte, sprachlich formulierte Gedanken aufzunehmen und zu verstehen." http://de.wikipedia.org/wiki/Lesen Das erfordert also einen gewissen intellektuellen Grad an Intelligenz. Der Leser muss fähig sein, das Gelesene zu reflektieren. Zudem gehört das Lesen ganz allgemein der Kommunikation an. Da ist nicht verwunderlich, dass bei belesenen Menschen, eine Umschreibung für gebildete Leute, der Ausdruck meist sehr viel weiter entwickelt ist als bei ... nun ... dummen "Netto-Kindern". Bei dieser Unterkategorie von Mensch ist die Sprache meist nur auf wenige Ausdrücke wie "äh", "öh" oder "ey" beschränkt. In Ausnahmefällen ist auch eine Kombination dieser Kurzworte möglich wie "ey deine mudder ey". Bei diesem Beispiel habe ich bewusst auf die Groß- und Kleinschreibung verzichtet, da sie bei "Unbelesenen" so gut wie nicht vorkommt. Diese Unart setzt sich zudem aber auch besonders im Online-Bereich durch. Fürchterlich! Irgendwann verzichtet man dann wohl auch komplett auf Orthografie und der Leser steht dann verloren vor derartigen Murks:

http://www.semox.de/images/bushido_rechtschreibfehler.jpg.


"In den letzten Jahren sind Zweifel an der Lesekompetenz vieler Jugendlicher aufgekommen. Manche verlassen die Schule nur mit rudimentären Lesekenntnissen und entwickeln sich in einigen Fällen allmählich zurück zu funktionalen Analphabeten. (...) Bisweilen werden auch die Verschiebungen beim Medienkonsum insbesondere jüngerer Menschen (etwa deren zunehmende Internetaffinität) für tatsächliche oder vermeintliche Schwächen beim Lesen und Schreiben verantwortlich gemacht." http://de.wikipedia.org/wiki/Lesekompetenz 








Jonas Jonasson "Der Hundertjährige" 
Aber nun zum eigentlichen Thema des Posts:
Derzeit lese ich "Der Hundertjährige" von Jonas Jonasson (geiler Name) . Das Buch ist sehr witzig geschrieben. Leicht zu lesen, ohne dass die deutsche Sprache da runter leidet. Bei amazon http://www.amazon.de/Der-Hundertj%C3%A4hrige-Fenster-stieg-verschwand/dp/3570585018  ist zu unter der Rubrik Pressestimmen zu lesen: "Ein Schelmenroman erster Güte!" (Der Spiegel ). Das kann ich komplett unterstreichen. Ich lache regelmäßig beim Lesen, was wiederum andere Mitreisende, ich lese meist beim Zugfahren, amüsiert. Der Humor ist leicht ironisch und bissig. Vielleicht nicht immer jedermanns Geschmack, aber meiner durchaus. Im folgenden ein kurzer Ausschnitt der ersten Seiten:

"Lieber abhauen, solange noch Zeit ist, dachte Allan und kletterte mit knacksenden Kniegelenken aus der Rabatte. Soweit er sich erinnern konnte, steckten in seiner Brieftasche ein paar Hunderter, die er sich zusammengespart hatte, und das war auch ganz gut so, denn kostenlos würde er sich sicher nicht verstecken können. Also wandte er noch einmal den Kopf und warf einen Blick auf das Altersheim, von dem er bis vor Kurzem noch geglaubt hatte, dass er bis zu seinem Lebensende darin wohnen würde. Und dann sagte er sich, dass er ja auch ein andermal und anderswo sterben konnte. Der Hundertjährige schlich sich also davon mit seinen Pisspantoffeln (die so heißen, weil Männer in hohem Alter selten weiter als bis zu ihren Schuhspitzen pissen können). Erst durch einen Park, dann an einem freien Feld entlang, auf dem ab und zu ein Markt in dem ansonsten recht stillen Städtchen abgehalten wurde. Nach ein paar hundert Metern bog Allan hinter der stolz aufragenden mittelalterlichen Kirche ab und setzte sich auf eine Bank neben den Grabsteinen, um seinen Knien eine kleine Pause zu gönnen. Mit der Gottesfurcht war es in der Gemeinde nicht so weit her, dass Allan befürchten musste, von seinem Sitzplatz aufgescheucht zu werden. Wie er feststellte, war ein gewisser Henning Algotsson, der unter dem Stein genau gegenüber von Allans Sitzbank lag, genau sein Jahrgang – Ironie des Schicksals. Der Unterschied zwischen ihnen beiden bestand unter anderem darin, dass Henning einundsechzig Jahre früher die Segel gestrichen hatte.
Wenn Allan zu derlei Gedankenspielen geneigt hätte, hätte er vielleicht überlegt, woran Henning wohl im Alter von gerade mal neununddreißig Jahren gestorben sein mochte. Aber in das Tun und Lassen anderer Menschen hatte er sich noch nie eingemischt, nicht, wenn es sich irgend vermeiden ließ, was ja meistens der Fall war. Stattdessen dachte er sich, dass er sich wohl ganz schön verschätzt hatte, als er da so im Heim herumgehockt und zu dem Schluss gekommen war, im Grunde könnte er einfach wegsterben und alles hinter
sich lassen. Denn sosehr es einen auch überall zwickte und zwackte – es war doch viel interessanter und lehrreicher, auf der Flucht vor Schwester Alice zu sein, als reglos zwei Meter unter der Erde zu liegen.
Daraufhin stand das Geburtstagskind auf, trotzte seinen schmerzenden Knien und setzte nach einem Abschiedsgruß an Henning Algotsson seine schlecht geplante Flucht fort."
Eine längere Leseprobe ist unter  http://media.libri.de/shop/coverscans/147/14740100_lprob.pdf  zu bekommen. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen. Doch denke daran: Lesen gefährdet die Dummheit!

5 Kommentare:

  1. Kann man sich das Buch mal ausleihen?

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  2. Gerne, wenn ich es dann durch habe, darfst du dich selbst d'ran erfreuen.

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  3. ich gehöre zwar auch zu den nur kleinschreibern, aber das wirklich auch nur im online-bereich :) ich hoffe du kannst mir vergeben. denn belesen bin ich und deutsch hab ich in der schule schon gemocht. zur rechtschreibreform hätte ich mir so sehr die kleinschreibung für alles außer eigennamen gewünscht, aber naja. pustekuchen.

    ich hab die bushido-cd übrigens gefunden und umgehend im sondermüll entsorgt....

    lg socke
    PS: Buch steht auf meiner weihnachtswunschliste :)

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  4. Hallo Socke, du bist ja ein fleißiger Kommentator. Das freut mich :-) Ich mühe mich damit immer etwas... Ich neige leider auch viel zu oft zum Kleinschreiben. Das allerdings wirklich nur Online. Ich maßregle mich dann immer selbst und zwinge mich zu einer ordentlichen Rechtschreibung. Ich habe wirklich nichts gegen die Groß- und Kleinschreibung, allerdings ist es definitiv einfacher ohne sie. Die Rechtschreibreform hat eh nur Unsinn hervorgebracht. Vor allem aber Unsicherheit. Ich schreibe aus Protest meist nach der alten, so wie ich es noch in der Schule gelernt habe. // Großartiges Kommentar zu Bushido-CD LOL // Zum Buch: Ein wirklich tolles Geschenk! Du darfst Dich wirklich schon freuen.

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  5. Hallo Juliane,

    das Buch hat mir ebenfalls gefallen und ich hab schon
    so manche Loseblattsammlung in der Luft zerrissen. ;)

    Dein Blog gefällt mir, bei deinen Gedanken über die Toiletten
    in der Bahn musste ich lachen.

    Viele Grüße von der Fee

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    http://literatur-begeisterte-fee.blogspot.de/

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